Die Politik entwickelt langsam ein wenig Bewusstsein für die wichtigen Bestäuber
Endlich geht es für die Bienen ein wenig voran: In Deutschland gibt es jetzt ein Institut für Bienenschutz. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt eröffnete die Einrichtung, die ihren Sitz künftig in Braunschweig hat und zum Julius-Kühn-Institut (JKI, ein Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) gehört, Anfang Juni in Berlin.
„Die Aufgaben des Instituts für Bienenschutz sind vielfältig“, sagte Schmidt anlässlich des Festakts im Julius-Kühn-Institut. „Wir brauchen wissenschaftlich fundierte Grundlagen für eine Bienenhaltung, die aus ökologischer und ökonomischer Sicht wirklich nachhaltig ist und ausreichend Nachwuchs unter den Imkern fördert. Ich schätze die Expertise des JKI zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln für Honigbienen und andere wichtige Bestäuber.“
Das Institut für Bienenschutz werde eng mit den Bieneninstituten der Länder zusammenarbeiten, ebenso wie mit Universitäten und Hochschulen, versprach Georg F. Backhaus, Leiter des JKI. Darüber hinaus stünden nicht nur Honigbienen, sondern auch Wildbienen und Hummeln im Fokus der Forscher. Die Marschrichtung der künftigen Bewertungspraxis beschrieb Backhaus so: „Für die Landwirtschaft wollen wir Ökosystemdienstleistungen der Bienenarten aufzeigen und nutzbar machen. Wir möchten mit unserer unabhängigen Forschung gewährleisten, dass landwirtschaftliche Produktion möglich ist und gleichzeitig Bestäuber nicht gefährdet werden.“ Was man in etwa übersetzen kann mit: Wir wollen und dürfen nicht automatisch jede Substanz, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommt, verdammen – doch ein Bienensterben sollten wir auch nicht riskieren, weil der wirtschaftliche Schaden eine unvorstellbare Dimension hätte.
Immerhin müssen rund 80 Prozent aller Pflanzen in Deutschland bestäubt werden, damit die Landwirte Obst und Gemüse ernten können. Der wirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung wird in der Bundesrepublik auf jährlich mindestens zwei Milliarden Euro geschätzt, manche Experten sprechen sogar von bis zu vier Milliarden Euro.
Zuvor hatte der Bundeslandwirtschaftsminister bereits eine Verordnung beschlossen, nach der bestimmtes neonikotinoidhaltiges Wintersaatgut nicht mehr importiert werden darf. Die drei Arten von Neonikotinoiden namens Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam sind bei uns im Wintersaatgut bereits verboten, da sie nachweislich Bienen schädigen. Mit der neuen Verordnung wird nun auch der Schleichweg über Auslandsimporte ausgeschlossen. Das Neonikotinoid Thiacloprid wiederum, das vom Hersteller Bayer eingesetzt wird, musste bereits letztes Jahr im Mai eine Schlappe einstecken: Das Landgericht Düsseldorf erlaubte die Aussage, das Mittel sei „bienenschädlich“. Dass diese Aussage auch fundiert ist, bewiesen letztes Jahr zwei Studien, die in der renommierten Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurden: Demnach beeinträchtigen Neonikotinoide die Fruchtbarkeit von Bienen immens und verkleinern Völker unter Umständen bis um die Hälfte!
Auch das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat – bekannt durch Monsantos Unkrautvernichtungsmittel Roundup, inzwischen aber auch in vielen anderen Produkten enthalten – hat es zunehmend schwer. Die Europäische Union brachte bei einer Abstimmung über die Verlängerung der Zulassung nicht die erforderliche Mehrheit zustande. Zwar stimmten 20 Staaten dafür, doch Deutschland, Griechenland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich und Portugal enthielten sich, Malta stimmte dagegen. Die Befürworter repräsentierten damit nicht 65 Prozent der EU-Bevölkerung, was für eine Mehrheit nötig gewesen wäre.
Zwar ist die Schädlichkeit von Glyphosat für Bienen nicht so eindeutig wie im Fall von Neonikotinoiden. Doch auch hier liegt eine interessante Studie der Freien Universität Berlin und der Universität von Buenos Aires vor: Ihr zufolge macht Glyphosat bereits in Alltagsmengen, wie sie heute in der Natur vorkommen, Bienen orientierungslos. Die Insekten brauchen von ihren Ausflügen länger zum Stock zurück und machen dabei Umwege, wenn sie Glyphosat konsumiert haben. Entscheidet auch der Vermittlungsausschuss der EU nicht pro Glyphosat, und trägt anschließend auch die EU-Kommission dem Zögern Rechnung – dann können Bienen endlich wieder nüchtern für die deutsche Wirtschaft arbeiten.